Rundgespräche der Kommission für Ökologie. Herausgegeben von der Bayrischen Akademie der Wissenschaften Band 37: Ökologische Rolle von Pilzen. Rundgespräch am 23. März 2009 in München. Organisiert von Prof. em Dr. Andreas BRESINSKY und Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Hubert ZIEGLER † (2009), 158 S., 31 Farb- und 52 S/W-Abbildungen, 6 Tabellen, 24 x 17 cm, Paperback, ISBN 978-3-89937-099-7. Preis: 25 EUR.
Im Rahmen der „Rundgespräche der Kommission für Ökologie“ der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gab es im März 2009 eine Fachtagung zur Ökologischen Rolle von Pilzen. Der genannte Band enthält eine Einführung, die überarbeiteten Vorträge, die anschließenden Diskussionen und einen Nachruf auf Prof. ZIEGLER von Prof. BRESINSKY.
Prof. OBERWINKLER präsentiert verschiedene Lebensweisen von Basidiomyceten im Zusammenhang mit deren Evolution. Die enorme Informationsdichte der Diagramme benötigt etwas Zeit, doch wer sich darauf einlässt, erfährt viel über die ökologische Rolle der Pilze. Ein Phänomen, das auch die nachfolgenden Beiträge aufweisen.
PD Dr. SPITELLER zeigt, dass Pilze chemische Verteidigungsmechanismen entwickelt haben, um sich gegen Angreifer zu schützen. Auch wenn man chemische Formeln nicht versteht, fasziniert der Artikel über die originellen Verteidigungsmechanismen, z. B. Mycena rosea mit eigenem Schneckenkorn.
Auch im nächsten Bericht geht es chemisch weiter, ein Rückblick auf die Entdeckung der Stobilurine. Zusätzlich wird auf deren Anwendung eingegangen, ein Werbeblock durch die Zusammenarbeit von Universität und chemischer Industrie.
Prof. FISCHER setzt sich mit Zwei Porlingen auseinander: Fomitiporia mediterranea und Fomitiporia punctata (früher Phellinus punctatus). Interessant, aber frustrierend, makroskopisch sind die beiden nicht auseinanderzuhalten, ersterer ist aus dem Mittelmeergebiet eingewandert und befällt Wein und Laubhölzer, letzterer Laubhölzer, aber eben auch Weinreben.
Im Zusammenhang mit Verlusten von Banken gibt es Beträge, die jenseits von dem sind, was die meisten von uns sich vorstellen können. Doch auch Pilze verursachen 400 Milliarden US-Dollar an Schäden in der Landwirtschaft. Prof. HÜCKELHOVEN zeigt Gefahren auf und diskutiert Maßnahmen an.
Eine Alternative zu herkömmlichen Fungiziden wäre die Bekämpfung eines Krankheitserregers mit lebenden Organismen. Dr. PRITSCH gibt Einblicke in die Erforschung solcher Systeme am Beispiel von Gaeumannomyces graminis var. tritici und Phytophthora citricola.
Es folgt ein Artikel von Prof. HOFRICHTER über den Abbau und die Transformation von Lignin durch Pilze. Ein naturgemäß chemisch geprägter Bericht, mit vielen Übersichtsdiagrammen, die die Komplexität des Holzabbaus der ökophysiologischen Pilzgruppen erhellen.
Zwei Beiträge sind den Mykorrhizen gewidmet. Zunächst referiert Dr. SCHÜSSLER über die enorme Bedeutung der arbuskulären Mykorrhiza und warum wir trotzdem gerade über diese Symbiose noch enorme Wissenslücken haben. Dann geht Prof AGERER auf die ökologische Bedeutung der Ektomykorrhiza für unsere Waldbäume ein. Die doppelseitige Farbtafel mit Fruchtkörpern von Ektomykorrhizapilzen und dem gegenübergestellt die Mykorrhizen beeindruckt und lässt ebenso wie die vorgestellten Fakten den Wunsch nach mehr aufkommen.
Im Artikel über Phytophthora-Pathogene geht der Autor Prof. OSSWALD auf verschiedene Krankheiten unserer Bäume, wie den plötzlichen Eichen-Tod in den USA und das Erlensterben in Europa ein. Erschreckend wie wenig gegen diese Krankheiten getan werden kann, am besten ist es, man verhindert den Eintrag des Pathogens indem Neuanpflanzungen nur mit zertifizierten Pflanzen erfolgen.
Den bunten Reigen der Vorträge schließt ein Einblick in die Biodiversitätsinformatik mit dem Datenmanagement. Einerseits faszinieren die Möglichkeiten der Auswertung und Vernetzung von Daten, andererseits widerstrebt es mir, nur noch mit PDA ins Gelände zu gehen. Dies führt zur abschließenden Diskussion über den Fortgang der Pilzforschung in Deutschland und wie die Mykologie gestärkt werden kann.
Insgesamt ein interessantes Büchlein, das geballtes Wissen und aktuelle universitäre Forschung doch anschaulich und lesenswert präsentiert. Leider wird die ökologische Rolle der Pilze hauptsächlich von der Seite der Botanik betrachtet.
Ich würde mir ein zweites Symposium wünschen, denn Pilze interagieren auch mit Bakterien, Viren und Tieren, z. B. Insekten und Säugetieren und nicht zuletzt auch direkt mit dem Menschen.
Dr. Claudia Görke